Unterschiedliche Haltungen ermöglichen unterschiedliche Blickwinkel - nicht allein der Ort ist entscheidend, die innere Vorstellung von dem, was uns dort erwartet, lässt Orte zu dem werden, was sie danach für uns sind. Beim Aufstellen werden unterschiedliche Dimensionen angesprochen - es macht daher einen Unterschied, welche Motivation ich meinen Fragen zugrunde lege. Beim Aufstellen wechseln die Repräsentationen in unserer Wahrnehmung häufig ihre Bedeutungen und Identitäten. Mühelos verwandelt sich eine Großmutter in ein kleines Kind oder eine Angst in einen Urgroßvater. Zeit spielt dabei keine Rolle - Aufstellen führt uns genau in den, für eine Entwicklung entscheidenden Zeitraum. Konkrete Fragestellungen setzen an einer bestimmten Stelle an - offene Einstiege können direkt an der Wurzel der Themenstellung angreifen. Viele Fragen ergeben sich allein schon aus der Art und Weise des Einstiegs. Kann ich der Aufstellung vertrauen? Muss ich allen Bewegungen folgen können? Muss ich immer wissen, was gerade in der Aufstellung geschieht? Soll ich Bewegungen folgen, die ich nicht nachvollziehen kann? Kann ich die Aufstellung lenken? Aufstellen zu beschreiben führt zu ähnlich vielen Ergebnissen wie der Komplexitätsgrad, in uns als System, an unterschiedlicher Anzahl von Dynamiken zur Verfügung stellt. Eine Orientierung an den Wirkungen stellt hier eine Möglichkeit zur Vereinfachung dar. Wenn wir uns an die Stellen begeben, an denen sich Wirkungen zeigen und uns von dieser Dynamik berühren lassen, entsteht in vielen Fällen eine Stimmung der Erleichterung im gesamten Aufstellungssystem - spürbar für alle im Raum, spürbar vielleicht auch darüber hinaus. Meistens sind diese Prozesse von Tränen begleitet, Tränen die anzeigen, dass etwas Getrenntes wieder angebunden wird, dass etwas Ausgeschlossenes wieder dazugehören darf, dass etwas Schmerzhaftes endlich gesehen werden kann. Das ist die Leistung des Aufstellens und aller, die dabei sind und dazu beitragen. Dieses Gefühl der Erleichterung, Kraft und Ruhe wird auch für alle gleichermaßen spürbar und wirkt ebenso in allen, die dazu beitragen, diese Entwicklung zu unterstützen. Je öfter wir diese Erlebnisse des Verbindens erfahren, desto leichter fällt es uns auch im Alltag ähnliche Beziehungsphänomene wahrzunehmen und einzuleiten. Wir erkennen dann sofort, ob Bewegungen in Richtungen führen, die für alle stärkend sind und sind auch zunehmend in der Lage, Wendungen einzuleiten, damit kraftvolle Bewegungen wieder Fahrt aufnehmen. Wir lernen Aufstellungen zu vertrauen und wir erkennen, dass wir in allen unseren Beziehungen diesen Mechanismen unterliegen. Wir sehen auf einmal hinter Fassaden und erkennen Wirkungen der Gesamtsysteme, die dahinterstehen. Wir sind dann nicht mehr allein, etwas zu entscheiden oder zu verändern - wir erleben uns eingebunden in die Dynamiken der beteiligten Systeme und deren zugehöriger Personen und Umstände. Wir bemerken dadurch ein anderes Gewicht und eine andere Verantwortung - wir sehen uns an der richtigen Stelle, dem Platz, an dem wir in der Lage sind, uns angemessen und ernsthaft einzubringen - immer die anderen Mitglieder unseres eigenen Systems sowie alle anderen in den fremden Systemen auf Augenhöhe im Blick behaltend. Das ermöglicht, kraftvolle Entscheidungen zu treffen, die Bedürfnisse aller berücksichtigen und niemanden zurücklassen, eine Haltung einzunehmen, die Verantwortung für Vergangenes trägt und für Zukünftiges übernimmt, die Schmerzvolles anerkennt und auch in der Lage ist, allen, ihren persönlichen Schmerz zuzumuten und in Verbundenheit mitfühlend auszuhalten. Beim Aufstellen lernen wir Aufstellen - Aufstellen entwickelt uns und alle, mit denen wir in Beziehung stehen - Aufstellen entwickelt sich mit uns.